Metamorphose

Betrachtet man diese Arbeit, fühlt man sich zunächst vielleicht an eine Art Totenmaske erinnert. Zumindest wird der Begriff “Tod” sehr wahrscheinlich ins Bewusstsein rücken. Schon das ist eine Herausforderung an jeden Betrachter. Denn das Thema “Tod” ist auch heute oder gerade heute ein Tabu-Thema, weil es existenzieller Natur ist und einen Endgültigkeitscharakter trägt.
Die Frage nach dem “Wesen des Todes”, ist eng verknüpft mit der Frage nach dem Sinn des eigenen individuellen Daseins. In älteren Zeiten waren diese Existenzfragen ausschließlich einzelnen Philosophen oder der Religion vorbehalten. Heute rücken sie jedoch immer näher an den einzelnen Menschen heran. Sinnfindungsbücher oder -ratgeber, nehmen heute schon eine eigene Sparte in der Literatur ein. All diese Bücher fragen nach dem Sinn des Lebens. Doch diese Frage muss sich auch noch anders stellen lassen und dies möchte ich hier versuchen.
Man kann auch die Frage nach “ dem Sinn des Todes” stellen. Viele würden diese Fragestellung sicher zunächst als grotesk, absurd oder geschmacklos zurückweisen. Es gehört Mut dazu diese Frage ernsthaft zu stellen.
Hierzu möchte ich den Begriff des Todes zunächst einmal in ein anders Licht rücken. Dies versuche ich schon in der Titelgebung der Arbeit. Ich knüpfe hier an Goethe an, der den Begriff der Metamorphose sehr genau an der Entwicklung der Pflanze beschrieben hat, in ihrem Werden - Vergehen und Neuwerden in einer nächsten Pflanze.
Dies zeigt schon, das der Begriff der Metamorphose über den bloßen Sachverhalt des Werden und Vergehens, Leben und Tod, hinausführt und Wandlung bzw. Neuwerdung in sich einschließt.
Wenn Goethe sagt, dass der Tod ein “Kunstgriff” der Natur sei, um viel Leben zu haben,so könnte man diesen Satz auch so formulieren, dass man sagt: Der Tod ist ein Kunstgriff der Natur, um einen genügend großen “Zeit- raum” für Entwicklung gewährleisten zu können.
Übertrage ich diesen Entwicklungsgedanken auf den Menschen und verstehe seine “Individualität” als das in Entwicklung begriffene, dann bekommt dieser schlichte Satz eine ganz neue Dimension und unsere Ausgangsfrage, nach dem Sinn des Todes, erscheint in einem ganz neuen Licht.
In diese Richtung verweisen auch die Worte von Karl Fortlage, welche er 1869 in seinen Vorträgen über Psychologie in Jena ausgesprochen hat. >>Das Bewusstsein ist ein kleiner partieller Tod, der Tod ist ein großes und totales Bewusstsein, ein Erwachen des ganzen Wesens in seinen innersten Tiefen. <<.
K. Fortlage spricht hier speziell vom Menschen und vom menschlichen Tod. Seine Betrachtungsweise wurde jedoch von der modernen Psychologie nicht aufgegriffen oder weiterentwickelt. Ich möchte mit meiner Arbeit und diesen Zeilen an solche Worte und Sichtweisen erinnern und sie als Fragen oder Gesprächsgrundlage an den Betrachter weitergeben. Die Betrachtungsweise verändern, kann ein Akt der Befreiung sein.
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